DER HAUPTMANN VON KOEPENICK Wirklichkeit und Dichtung am Beispiel des Schauspiels von Carl Zuckmayer
DER HAUPTMANN VON KOEPENICK Wirklichkeit und Dichtung am Beispiel des Schauspiels von Carl Zuckmayer
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Date
1954
Authors
Werner, Sibylle B.
Advisor
Zucker, Adolph E.
Citation
DRUM DOI
Abstract
Die deutsche Dramatik des 20. Jahrhunderts uebt gegenueber
Gegenwartsstoffen sichtlich eine starke Zurueckhaltung aus. Zu den
Urnachen, die hier ununtersucht bleiben koennen, gehoert gewiss die,
dass die Dramatiker hier jene historische Distanz vermissen, die es
ihnen ermoeglicht, eine Begebenheit aus dem Tagesgeschehen und aus
dem nuechtemen Bereich der Wirklichkeit in einen zeitlosen Raum zu
ruecken.
Carl Zuckmayers Der Haupmann Koepenick
ist zweifellos eines der bedeutendsten und dichterisch geschlossensten
Schauspiele, das ein Ereignis unserer Zeit, naemlich des 20.
Jahrhunderts, dramatisch gestaltet hat.
Der Dichter gehoert der bisher letzten grossen deutschen
Schriftstellergeneration an, die - im ausgehenden vorigen Jahrhundert
geboren -- ein ihr Dasein bestinunendes Grunderlebnis im Trommelfeuer
des Ersten Weltkrieges empfing. Er und Berthold Brecht, der sich ganz
der marxistischen Ideologie verschrieben hat, sind heute die fuehrenden
deutschen Dramatiker.
Zuckmayer, der im Dritten Reich Deutschland verliess und
vor mehr als einem Jahrzehnt amerikanischer Staatsbuerger wurde, wurde
nach dem Kriege auf den deutschen Buehnen haeufiger aufgefuehrt, als
irgend ein anderer lebender deutscher Autor.
Wenn auch sein im Zweiten Weltkrieg spielendes Stueck Des Teufels
General das deutsche Publikum der Nachkriegszeit staerlrnr erschuetterte, als seine uebrigen Dramen, so erscheint Der Hauptmann von Koepenick,
den er ein deutsches Maerchen nennt, als am klarsten durchkomponiert
und in der Verdichtung von Wirklichkeit und Fiktion kuenstlerisch am
besten geglueckt.
Die ausserordentliche Buehnenwirksamkeit dieses Werkes verhilft
ihm auch nach dem Zweiten Weltkrieg zu staendigen Neuinszenierungen,
die die unverminderte Frische dieses Schauspiels beweisen.
So erscheint es nicht ohne Reiz, das alte Problem Wirklichkeit und Dichtung an diesem Stueck zu untersuchen.
In den ersten grossen Abschnitt der Arbeit wird versucht werden,
aus dem uns zur Verfuegung stehenden Material -- Zeitungen, die
Erzaehlung Wilhelm Schaefers und die Selbstbiographie -- den Lebensweg
des Schusters Wilhelm Voigt einschliesslich seiner Tat, die ihn beruehmt machte, und des Prozesses der durch die Presse gingen, darzustellen.
Der zweite Abschnitt dient der Analyse von Zuclanayers Schauspiel.
Hier werden wir weniger eine genaue und detaillierte Wiedergabe des
Inhaltes bringen, als vielmehr an Hand der Handlung des Stueckes versuchen
Dramaturgie und inneren Gehalt zu erklaeren. Weiter umfasst
das Kapitel einige theatergeschichtliche Anmerkungen, die sich besonders
mit der Wirkung und dem Erfolg des Stueckes und seines Helden beiseiner Urauffuehrung im Jahre 1931 beschaeftigen.
Im dritten und letzten Hauptkapitel versucht die Verfasserin
schliesslich Wirklichkeit und Dichtung des Stoffes auf einen gemeinsamen
Nenner zu bringe. Besonderer Betonung liegt hier auf der Person Wilhelm
Voigts, wie sie uns aus den historischen Quellen uebermittelt wurde, und wie Zuckmayer diese Gestalt umformte.
Nach einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung folgt dem
Quellenverzeichnis ein kurzer Anhang, mit biographischen Notizen
ueber den Autor Carl Zuckmayer, einer Quellenkritik sowie der
Szenenfolge des Schauspiels und einer Reproduktion des Titelbildes
der Selbstbiographie Voigts.